Sunday, April 8, 2007

zwei osterspaziergänge

kullu sana w'entu tayyibbiin,
frohe ostern!

sicher vermissen viele hier noch immer die bilder, die vielleicht nie hinzugefügt werden, sondern sich aus den worten ergeben müssen. gerade ist hisham wieder mit meiner/unserer kamera in die wüste aufgebrochen. da er diesmal mit einem pensionierten general nach gazellen sucht, ist von seiner tour wohl auch eine spannendere ausbeute an bildmaterial zu erwarten als von meinen - sehr im alltäglichen verhafteten - ausgängen.

wer urlaub vom alltag und von kairo machen möchte, kann hier zu einem anderen weblog "abzweigen": meine freundin jana offeriert bilder und texte zum leben in dahab und - unter anderem - einem trip nach alexandria:


für jene, die (virtuell) mit mir hier in kairo geblieben sind:

bei uns hat sich der sand, den gestern ein heisser tag herbeigebracht und abends ein kühler wind herumgeblasen hat, endlich aus der luft verzogen und ein herrlicher ostersonntag lacht über kairo. da ich vielleicht nach den osterfeiertagen für 2 tage wegfahren kann, habe ich mich momentan mit meinem computer in eine kühle verdunkelte ecke der wohnung verzogen. um diesen speziellen sonntag doch ein wenig ehre zuteil werden zu lassen, habe ich beschlossen, meine heutigen vormittäglichen gänge als osterspaziergänge zu definieren.

der ostersonntag ist in kairo nur an den schulen und unis feiertag. ausserdem dürfen die christen sich freinehmen um ihren festtag würdig zu begehen. und die handwerker haben auch immer sonntags frei. demgemäß war es heute nachgerade angenehm, sich auf die strasse zu wagen.

den ersten "ausflug" unternahm ich um 11, weil ich keine zigarretten mehr hatte. da mein lieblings-kiosk gleich neben der haustür zu hatte (ich glaube, er richtet sich bezueglich oeffnung vor allem nach der gegenueberliegenden schule), wurde aus dem zigarrettenkauf ein kleiner spaziergang um ein paar häuserblöcke. die sonne strahlte, die vögel zwitscherten, als wäre rundherum wald und nicht nur jenes sehr spärliche grün, das downtown kennzeichnet. also: ganz genau in downtown bin ich ja nicht, aber gleich in der nachbarschaft, in einem bezirk namens bab el louq.

zwar hatte ich mich aufgemacht, um ungesundes (die zigarretten) zu kaufen, aber nachdem ich schon mal zum kushk (kiosk) in der nähe des midan falaki gepilgert war, hatte ich mich schon so sehr dem markt angenaehert, dass ich auch sehen wollte, ob nicht die obststände auch heute etwas verkaufen. und natürlich tun sie das - sie haben eigentlich immer offen, auch am freitag.

was erfreulicherweise zu hatte, war der fischstand, an dem in den letzten tagen fizih verkauft worden war. dieser fisch, der von traditionsbewussten zu sham innessim, dem frühlingsfest, das morgen (am ostermontag) stattfindet, gegessen wird. "fizih" wurde mir von einheimischen als "rotten fish" übersetzt, und so riecht er auch. es war also nicht immer angenehm, am fischstand vorbeizugehen! ich gebe gern zu, dass ich bei aller transkultureller neugier noch nie fizih verkostet habe und dies auch heuer nicht zu tun plane. die meisten meiner freunde essen ihn auch nicht...

ich erwarb äpfel und bananen und war froh, dass der verkäufer weggehen musste um wechselgeld zu holen und ich mein gesicht für 2 minuten in die sonne halten konnte. kaum zu hause angekommen, fiel mir siedendheiss ein, dass ein salzburger prof. posters für mich im kulturforum hinterlegt hatte, die ich am dienstag fuer meinen unterricht brauche. da ich derzeit keinen schlüssel fürs "kf" habe, muss ich meine anwesenheiten dort mit dem botschaftspraktikanten abstimmen, der dort nicht nur arbeitet sondern auch wohnt. zum glück war er nicht auf osterausflug, sondern zu hause.

ich verliess also mein zuhause gleich wieder um nach garden city, einen anderen nachbarstadtteil von bab el louq zu laufen. vom sonst üblichen vormittäglichen verkehrschaos war nur ein fast schon beschaulich zu nennender rest uebriggeblieben. nahezu beschaulich waren auch ein polizist und sein gefangener, die ich bei einer bushaltestelle sah: der häftling war in handschellen - aber auf sehr ägyptische art. eines seiner handgelenke war mit der unangenehmen fessel "geschmückt" während die zweite schelle offen herumbaumelte!

ich promenierte durch die "lokalmeile" aus den schicken cafés "costa", "beano's" und "el cilantro", die sämtliche nur vorstellbaren arten von kaffee (vom espresso bis zum cafe latte mit karamel) und ausgesucht gute kuchen servieren. her treffen sich vorzugsweise studentInnen der gegenüberliegenden amerkanischen universität. das ende der straße wird gebildet von mc donalds und kentucky freid chicken und einem traditionellen ahwa, vor dem immer ein paar alte männer sitzen und die shisha rauchen. dann kommt der hauptplatz mit der berüchtigten mogamma und dann beginnt garden city. hinter der amerikanischen botschaft - einem riesenbau - ist immer eine art fussgängerzone, weil sich dort eigentlich nur ausländerInnen und ausgesuchte personen bewegen dürfen. von dort ist es nicht mehr weit zum kulturforum, das die ehemalige residenz des kulturrates ist und direkt am nil liegt. heutzutage leiste sich österreich keinen kulturrat mehr, also geniessen bibliotheksmitarbeiterInnen (wie ich), praktikantInnen (wie norbert) und veranstaltungsbesucherInnen den wunderbaren blick vom wintergarten auf den fluss. ich genoss diemals noch mehr den blick auf meinen schreibtisch: neben den posters fand ich noch eine foto-cd, die mir die salzburger tourismus-info offenbar auch zugedacht hat. ferner gabs - von mir bestellte - mozartkugeln (die muss ich leider verschenken) und ein buch über salzburgisch-bayerische dialekte. so hatte ich also auch mein osterei. das buch ist nicht nur spannend geschrieben, sondern auch von einer sprechenden landkarte begleitet.

ich wanderte mit meiner "beute" noch ein stückchen durch garden city. dieser bezirk macht seinem namen alle ehre, weil er doch um ein erkleckliches grüner ist als die meisten anderen zentralen stadtteile. zwar gibt es nicht so viele gärten, wie man vom namen her vermuten würde, aber dafür ist fast jede strasse baumbestanden und die äste wölben sich wie ein dach über der straße, was das gehen in garden city sogar im sommer nicht zu unangenehm macht. auch der verwaltungsbezirk, durch den ich nach bab el louq zurückging, ist nicht so übel. das volksparlament befindet sich in einem ehemaligen palast, die breiten straßen sind ebenfalls von alleebäumen oder palmen gesäumt und vor mir lag der blick auf den ehemaligen palastbezirk abdin, in dem sich altehrwürdige und alte und weniger ehrwürdige bauten ein stelldichein geben. den abdin-palast gibt es auch noch, aber er versteckt sich hinter dem häuser-puzzle.

ich hatte wieder meine straße, die sharia noubar, erreicht, mehr palmen gesehen als in ganz wien vorhanden sind und jedenfalls genug sonne getankt um meine glückshormonproduktion anzuregen. nun kann ich munter an meinem nächsten konferenzbeitrag schreiben, nachdem ich erst vor 3 tagen einen gehalten habe. so wird mir nicht fad. ich mache etwas, was mit meiner diss zu tun hat und dennoch etwas, was weit genug davon entfernt ist, dass ich nicht wirklich an der großen arbeit weiterkomme. aber nun, da die glückshormone ausgeschüttet sind, kann mich das auch nicht zu sehr bekümmern. al hamdullilah!